Fakten

Wir sind 849 Tage um die Welt gereist (11. Juni 2013 bis 07. Oktober 2015). Unsere letzte Station war Bangkok, Thailand.
Wir reisten 71844 Kilometer durch 26 Länder. Jetzt sind wir wieder in Deutschland und planen unsere naechste Reise.

Samstag, 25. April 2015

Von den kleinen Momenten

Ohne einen festen Ausgangspunkt oder Grund, wirkt und sprudelt das Leben in mir, sodass ich bezweifle, in der Lage sein zu können, passende Worte dafür zu finden. Ich habe hier in dieser Stadt, die ich nun schon seit fast vier Monaten mein Zuhause nenne (oh, geliebtes Hanoi!), viel Zeit und Raum für mich selbst gehabt, worüber ich äußerst dankbar und froh bin, da es mir die Möglichkeit gab, zu lernen, in mich hineinzuhorchen und meinen eigenen Blick auf mein Leben zu schärfen und neue Perspektiven zu sehen. Es ist schwer, all dies in Satzhülsen zu packen, aber ein paar Gedanken möchte ich versuchen, hier zu teilen.

Es ist so wohltuend, mal kein Tourist und nur Schnellvorbeiziehender zu sein. Ich habe mich sehr mit dem Gefühl angefreundet, einen Ort zu haben, zu dem ich am Abend zurückkehre, meinen Mitbewohnern 'Salut' sage und mich in meinem eigenen Zimmer ausbreiten kann, ohne mich mit der Frage beschäftigen zu müssen, wie ich all meinen Kram am nächsten Tag wieder in den Rucksack packen soll. 
Ich liebe es nach wie vor, mit dem Fahrrad durch die Stadt zu düsen; getragen vom Fließen der Masse, das kaum Regeln kennt und mich doch so entspannt, da jeder machen kann, was er will und es doch oder gerade deshalb so wunderbar funktioniert. Ich achte kaum noch auf Straßennamen, sondern eher auf die Liedchen, die ich vor mich hinträller und die amüsierten Gesichter der vorbeiziehenden Motorbikefahrer...

Eine Sache, die ich hier definitiv gelernt habe, ist, die kleinen Alltagsmomente zu wertschätzen und zu genießen: Kaffee und Buch und Musik in der Sonne; Spaziergänge bei guten Gesprächen am See; Stretchingstunden auf der Dachterrasse; ein fröhliches "Hello teacher Emma!" von meinen Kids, wenn ich in die Schule zum Unterricht komme; Cơm Bình Dân zum Abendessen (sehr billig und lecker: eine Art Buffet-Restaurant, wo man einen Teller mit Reis bekommt und sich dann beliebig viel Gemüse, Tofu, Ei, Nüsse, Fleisch und Fisch aussuchen kann - sehr praktisch für mich als Vegetarier...); "free beer" -Abende in Bar Betta :) ; energiespendende Momente im Grünen bei den Bananenplantagen; das schnalzende Klackern der Geckos, die so gern Versteck spielen...

Ich denke, all dies tut mir so gut, da es in einem Umfeld geschieht, das mir inzwischen schon vertraut ist. Klar, weiß ich als Reisemensch auch, wie spannend das ständig Neue sein kann und freue mich darauf, es bald wieder erleben zu können. Aber im Moment bietet diese lokale und zwischenmenschliche Vertrautheit, die ich hier in Hanoi verspüre, eine innere Ruhe spendende Umgebung.
Ich ahne bereits, wie jene Gewöhnung und Sesshaftigkeit meinen Abschied von diesem Ort und den Menschen, in denen ich gute Freunde gefunden habe, erschweren werden. Vielmehr bin ich aber dankbar für alles, was ich jetzt erlebe:

Jene seltenen Augenblicke, in denen ich über meinem Buch aufhorche, da ich plötzlich kein hupendes Motorrad, keinen krähenden Hahn, keine immer gleichtaktige, vietnamesische, viel zu laute Popmusik und keine schreienden Kinder.., sondern nur das fröhliche Zwitschern der Vögel und das sanfte Rauschen der Palmenblätter höre.
Oder die Tatsache, dass der freundlich, vorahnend strahlende Ladenbesitzer von gegenüber genau weiß, dass ich wieder nur eine Tüte Popcorn kaufen will, sobald ich vor seiner Theke stehe.
Oder jene Stunden, in denen mein Interesse geschärft und wach ist, ich mich von einem Artikel zum nächsten lese oder mit Freunden lange philosophische Gespräche über das Leben und die Welt führe.
Oder das Feixen und Lachen der Gruppe von Männern, die meinem Kumpel Alex und mir dabei zuschauten, wie wir uns durch die wilden Klamottenhaufen des winzigen Flohmarkts wühlten und immer wieder neue Schmuckstücke anprobierten.
...Diese Momente können so schön, wertvoll und voller Leben sein, wenn man sie bewusst erlebt und ihnen Schönheit, Wert und Leben zugesteht.

Worte können so oft nur so wenig davon nach außen widergeben, was innen ist. Soviel ist zu sagen: Ich bin sehr sehr froh, hier zu sein. Und es geht mir gut. :)

Schmetterlingsgedanken aus Hanoi,
Emma
(mit Ott - Rogue Bagel im Ohr)


Orangenbäume, Kleinkinder, Pappkartons, Wasserkanister, Goldfische, Familien, Schränke, Leitern, Hunde, Hühner...wo ein Motorbike und ein vietnamesische Mentalität zusammen kommen, ist immer ein Weg...:)

Tet-Bäumchen

Und überall Orangenbäume. (Vor dem Tet-Neujahrsfest war Hanois Stadtverkehr mindestens eine Woche lang ein Meer von im Fahrtwind wippenden Bäumchen...)


Das Motorrad in Hanoi: Personentransportmittel, Lastenschlepper, Schlafplatz, Freund.
Getrockneter Fisch und Minizwiebeln.


Traditionelle Live-Musik am Temple of Literature.


Chinesisches Schach. Und allgegenwärtige blaue Plastikstühlchen. Und blassgelbe Gummischlappen (siehe rechts unten).

Herrlich bunter Markt im Französischen Viertel.


Sommergefühl auf der Dachterrasse.

Nur fünf Minuten Fahrradweg von meinem Haus entfernt, entdeckte ich ein wundervolles grünes Fleckchen an den Banananplantagen, an dem das hektische Gewusel der Stadt plötzlich weit weg und das Dorfleben ganz nah zu sein scheint.


Auf dem Nachhauseweg nach einem tanzintensiven Festivalwochenende im Dschungel.